Albert Ammer

Albert Ammer war Kameramann, Filmberichter und Fotograf. Für die Wochenschauen der SBZ und der DDR drehte er dokumentarische Berichte unter „Der Augenzeuge“, die bald auf politische Kritik stießen. Ganz besonders seine Filmdokumentation über den Volksaufstand am 17. Juni 1953 in Halle, für die er zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Nach seiner Entlassung flüchtete er 1956 aus der DDR und arbeitete zuletzt als Chef-Kameramann für den Südwestdeutschen und für den Bayerischen Rundfunk.

Albert Ammer wurde am 31. Oktober 1916 in Windischenbernsdorf, einem Stadtteil von Gera geboren. Nach der Schulzeit machte er eine Ausbildung als Schauwerbegestalter beim Warenhaus Tietz in Gera. 1939 war er Assistent des Standfotografen bei den Dreharbeiten des Luis-Trenker-Films „Der Feuerteufel“. Dort begann seine lebenslange Freundschaft mit Trenker.

Während des Krieges war er von 1940 bis 1943 als Soldat Spezialist für Luftaufnahmen der Luftwaffe und anschließend wurde er in der Berliner Bildberichter-Schule zum Filmberichterstatter ausgebildet. Für die Deutsche Wochenschau filmte er das Kriegsgeschehen in Berlin, in der Normandie, in den Vogesen und in Ungarn – immer dicht an der Front. Außerdem arbeitete er an privaten Fotoreportagen über Sizilien, Kreta oder Paris.

 

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Albert Ammer a German photographer and cameraman 1965 in Italy

Copyright: Filmrabe - Eigenes Werk; Creative Commons

1945 begann er zunächst als freier Fotograf in Gera und dokumentierte dabei das Nachkriegsgeschehen in seiner Heimatstadt, darunter Kriegsflüchtlinge und die Ankunft der Aussiedler aus den Ostgebieten. Einige dieser Fotos erschienen in der Abendpost zu Weimar und in der Neuen Berliner Illustrierten. Da er zudem privat im Besitz einer 35mm-Ariflex-Filmkamera war, wurde er nebenher Kameramann im DEFA-Stützpunkt Weimar und drehte für die Wochenschauen Dokumentationen für ihre „Augenzeugen-Sujets“. Darunter Zeitdokumente über die harte Arbeit der Bergleute in Kali-Schächten oder über den Wiederaufbau in Ostdeutschland.

Im Juni 1953 war er zufällig in Halle/Saale tätig und erlebte dort den Volks-Aufstand, den er ohne Auftrag der DEFA – dort hielt man sich lieber bedeckt – von erhöhten Standorten in der Innenstadt auf drei Filmrollen festhielt. Tags darauf wurde er von der Staatssicherheit festgenommen, sein Filmmaterial wurde beschlagnahmt und ist seither zum größten Teil verschwunden. Nach der Wende wurden einige Filmsequenzen und aus dem Material herausgeschnittene Einzelbilder wieder aufgefundenen. Mit Hilfe dieser Bilder wollte die Stasi offenbar Rädelsführer identifizieren. Sie gehören heute zu den authentischsten Dokumenten des Aufstandes vom 17. Juni 1953.

Ammer wurde zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in verschiedenen Gefängnissen absitzen musste. Seine Kamera-Ausrüstung wurde beschlagnahmt. Nach seiner Entlassung 1956 erhielt er Berufsverbot und flüchtete daraufhin via West-Berlin in die Bundesrepublik.

Zunächst arbeitete er als freier Kameramann für verschiedene Filmproduktionen, auch für die amerikanische Fox. Dreharbeiten für mehrere Dokumentar- und Kulturfilme führten ihn nach Afrika und in zahlreiche europäische Staaten. In Südtirol drehte er mit seinem Freund Luis Trenker dessen beliebte Fernsehserie „Luis Trenker erzählt“, schuf außerdem Filmberichte über die Vorbereitungen der Olympischen Spiele 1972 in München und vieles mehr für die Bavaria in München und Filmproduktionen in Baden-Baden.

Zuletzt arbeitete er als Chefkameramann für den SWR und insgesamt mehr als 20 Jahre für den Bayerischen Rundfunk. Realisierte Serien wie „Dämmerschoppen“ mit R.A. Stemmle und Fernsehspiele wie „Artisten-Hotel“ oder „Fernsehspielereien“. Aber auch Krimis und Musikproduktionen wie „Schlagerbummel“. Seine Porträtfotos von Künstlern vor allem der Wiener Schule und bekannten Schauspielern wurden von vielen Zeitschriften gedruckt.

Nach der Wiedervereinigung wurde das Unrechtsurteil der DDR gegen ihn juristisch aufgehoben; Ammer war damit vollends rehabilitiert.

Er starb am 23. Oktober 1991 in München. Sein fotografisches Werk wurde im Jahr 2002 vom Museum für Angewandte Kunst Gera mit einer Werkschau gewürdigt.

(hhb)

 

Quellen:

Der Kameramann Albert Ammer / Zeit-Geschichte(n) e.V., Halle/Saale

Die Bilder aus Halle – DEFA-Mann gelangen einmalige Filmaufnahmen / MDR Aktuell 16.6.2023

Albert Ammer (1916.1991) Kameramann in drei Zeiten / Filmblatt CineGraph Babelsberg

Ulrike Merkel: 14 Stunden später in Haft: Geraer Kameramann filmte unerlaubt den Aufstand vom 17. Juni / Ostthüringer Zeitung vom 12.6.2023

Das Bundesarchiv: Der Aufstand im Bezirk Halle

 

Bücher:

‚Albert Ammer 1916-1991. Ein Fotograf wird entdeckt‘ / Herausgeber: Museum für angewandte Kunst Gera

Alexander K. Ammer: Alberts Bilder bleiben / Amazonkindle