Victor Auburtin

Victor Auburtin war ein deutscher Journalist und Schriftsteller und ein im Kaiserreich viel gelesener Verfasser gepflegter Causerien, Glossen und Parabeln. Darum wurde er von seinen Kollegen gern als „Vierzigzeilen-Fontane“ bezeichnet. Das Berliner Tageblatt aber profitierte von seinen feuilletonistischen Skizzen und wurde gerade ihretwegen von vielen gelesen.

Victor Auburtin wurde am 5. September 1870 als Sohn einer Hugenottenfamilie in Berlin geboren. Seine Eltern waren Hofschauspieler in Berlin, sein Großvater Leibkoch von Friedrich Wilhelm III.

Nach seiner Schulzeit am Berliner Französischen Gymnasium studierte Auburtin Germanistik, Kunst- und Literaturgeschichte in Berlin, Bonn und Tübingen. Danach arbeitete er als Kunst- und Theaterkritiker für die Berliner Börsenzeitung und gelegentlich auch für die Zeitschriften Jugend und Simplicissimus. In seinen journalistischen wie literarischen Texten beschäftigte er sich sowohl mit der Literatur der Jahrhundertwende als auch mit der klassischen Moderne in Deutschland und Frankreich. Er schrieb seine Artikel mit anekdotischer Leichtigkeit, konnte aber mit ganz neuen Kunstrichtungen wie dem Futurismus oder Kubismus nur wenig anfangen – nahm auch sie aber als gegeben hin und spielte sie in seiner ironischen Art gegeneinander aus. In ihrer Serie über große Journalisten bezeichnete die Süddeutsche Zeitung Auburtin daher zu Recht „als einen Kulturkonservativen“.

 

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Fotografie des deutschen Schriftstellers Victor Auburtin (1870-1928), etwa um 1925

Copyright: gemeinfrei; Scan from Victor Auburtin, Sündenfälle. Feuilletons

Als ► Theodor Wolff, Chefredakteur der Berliner Tageblatts, den inzwischen 40-jährigen Gelegenheitsjournalisten Auburtin 1911 einstellte, begann dessen Siegeszug nun als viel gelesener Feuilletonist. Er blieb zeitlebens Mitarbeiter von Theodor Wolff.

Für den Berliner Tagesspiegel ging er als Auslandskorrespondent nach Frankreich und wurde dort 1914 vom Beginn des Ersten Weltkriegs überrascht. In Besançon, wo er gerade auf dem Weg zurück nach Deutschland in einem Restaurant speiste, wurde er von der Polizei als feindlicher Ausländer verhaftet und drei Jahre lang in Morsiglia auf Korsika als Zivilgefangener inhaftiert. Dort saß er hinter Felsenmauern, ständig in Angst und Gefahr erschossen zu werden. Erst wegen einer schweren Nierenkrankheit wurde er in die Schweiz abgeschoben und reiste von Genf aus zurück nach Berlin.

In seinem Bericht „Was ich in Frankreich erlebte“ heißt es dazu: „Die Deutschen nennen mich einen Französling, und diese Franzosen hier haben erkannt, daß ich ein alldeutscher Hetzer bin. Das Schwierige, das Beschämende ist, daß sie alle beide recht haben. Selig der Mann, der Krause heißt und aus Tilsit gebürtig ist. Er steht auf Felsengrund.“

Der Berliner Tagesspiegel schickte Victor Auburtin anschließend wieder ins Ausland; in verschiedene europäische Länder, zuerst nach Madrid, nach Bern und zuletzt 1928 nach Rom. Auburtin blieb immer Feuilletonist und mied in seinen Texten eine allzu politische Berichterstattung. Er war ein Meister der kleinen Form, der die Menschen beobachtete und sie mit all ihren Alltäglichkeiten und Marotten liebevoll beschrieb, voller Ironie aber ohne Lärm. Seine Betrachtungen erschienen an jedem dritten Tag – „unter dem Strich“ – jeweils auf Seite drei im Tagespiegel.

Das war Auburtins Stil – seine kultiviert kritische Unterhaltungsform machte ihn neben ► Alfred Polgar und ► Alfred Kerr zu einem der Großen des Feuilletons und noch heute zu einem Vorbild für dieses Genres. Ein Journalist, der sich mit vielem beschäftigte und darüber kurz und knapp in einem verständlichen Deutsch schrieb.

Am 28. Juni 1928 starb Victor Auburtin in Garmisch-Partenkirchen und wurde dort auch begraben.

(hhb)

 

Quellen:

Hilmar Klute: Der Kulturkonservative / Südd. Zeitung vom 27.5.2010; SZ-Serie über große Journalisten

Emil Dovifat: Victor Auburtin / Deutsche Biographie

 

Bücher:

Victor Auburtin: Pfauenfedern - Gesammelte kleine Prosa. Miniaturen und Feuilletons aus der Nachkriegszeit / Arsenal 1994

Victor Auburtin: Was ich in Frankreich erlebte / Reprint 2018