Anton Betz

Dr. Anton Betz war ein Verlagsmanager, Verleger und Publizist, der im Verlauf seiner 91 Lebensjahre das deutsche Mediengeschäft in sehr verschiedenen Epochen erlebt hat: im Kaiserreich, nach dem Ersten Weltkrieg zunächst im von Frankreich annektierten Saarland, dann in der Weimarer Republik, gefolgt vom Dritten Reich und unmittelbar nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg beim lizensierten Wiederaufbau der Nachkriegspresse. Schließlich in der Bundesrepublik, wo er am Neuaufbau einer freien deutschen Presse maßgeblich beteiligt war.

Anton Betz wurde am 23. Februar 1893 in St. Ingbert geboren, als Sohn einer streng katholischen Arbeiterfamilie. Das Milieu in der damaligen bayerischen Pfalz beschrieb er später so: „Die Menschen dort hielten sich zäh am Alten, waren kernig und offen, machten gern große Pläne, die sie tags darauf wieder schmerzlos vergaßen. Sie waren anspruchslos und sehr fromm.“ Wohl wegen dieser Herkunft blieb auch Betz sein Leben lang ein Werte-Konservativer.

Eine höhere Schulbildung konnte sich die vielköpfige Familie – sein Vater war Drahtzieher in einem Eisenwerk – eigentlich nicht leisten. Der ausgezeichnete Schüler konnte sein Abitur daher nur durch Unterstützung kirchlicher Amtsträger im humanistischen Gymnasium zu Rosenheim machen. Ab 1911 kam er erstmals mit dem Journalismus in Berührung, weil er in seinen Sommerferien für die Westpfälzischen Zeitung in seiner Heimatstadt St. Ingbert tätig wurde und dabei sogar einmal einen erkrankten Redakteur vertreten durfte.

1914 begann er ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaft in Würzburg, meldete sich aber gegen Ende des Jahres als Kriegsfreiwilliger. Zunächst kämpfte er in Masuren und zuletzt als mehrfach ausgezeichneter Offizier in Belgien.

 

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Copyright: Von Ulrich Horn - Archiv der Rheinischen Post, Düsseldorf, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9957801

Nach dem Krieg setzte er 1920 sein Studium in Freiburg fort, nun in den Fächern Staats- und Verwaltungsrecht, Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie. 1924 wurde er in Bonn mit seiner Dissertation über Ideengeschichte der Zentrumspartei promoviert. Auch während seines Studiums war er journalistisch tätig, als Volontär bei der katholischen Saarbrücker Landeszeitung, die der Zentrumspartei nahestand. Dort lernte er, warum sich das Blatt wegen seiner einseitigen und farblosen Berichte über Partei- und Kirchturmpolitik nicht gegen die liberalere weltoffene Saarbrücker Zeitung durchsetzen konnte. Auch darum wechselte er 1923 als Chefredakteur und Verlagsleiter zur Saar-Zeitung in Saarlouis und verfasste gleichzeitig eine Art Strategiepapier über die Gründe des Scheiterns der Saarbrücker Landeszeitung und veröffentlichte es 1924.

So wurde die Veduka Vereinigte Druckereien, Kunst- und Verlagsanstalten AG in Dillingen auf ihn aufmerksam, die sechs Tageszeitungen herausgab und wirtschaftlich knapp vor einem Bankrott stand. Betz sanierte den Verlag als Vorstand, Verlagsdirektor und Verleger durch harten Sparkurs und mittels notwendiger Modernisierungen. 1929 fusionierte er die Veduka mit der Manz AG in München.

Seine erfolgreiche Arbeit in der damaligen Wirtschaftskrise führte dazu, dass ihm der renommierte Verlag Knorr & Hirth GmbH, der ebenfalls vor großen Problemen stand, die Position des geschäftsführenden Verlagsdirektors anbot. Hier erschienen vor allem die Münchner Neusten Nachrichten, welche einige „Ruhrbarone“ um Karl Haniel zum Sprachrohr ihrer rheinisch-westfälischen Schwerindustrie machen wollten. Darum hatte ein von ihnen dominiertes Konsortium den Verlag 1920 verdeckt durch Treuhänder gekauft und 1925 dazu noch die Münchner Illustrierte Presse übernommen.

Nach der Machübernahme Hitlers half diese Nähe zur Großindustrie dem Verlag nicht im Geringsten: Der Verlag stand in der oft unruhigen Weimarer Zeit der Demokratie zwar kritisch gegenüber, war eher konservativ-monarchistisch ausgerichtet, hatte aber den Nationalsozialismus immer strikt abgelehnt. Folglich wurden Anton Betz und alle seine leitenden Redakteure im März 1933 verhaftet. Betz kam mit kleinen Unterbrechungen bis November 1933 in so genannte Schutzhaft, erhielt danach Berufsverbot und musste Bayern verlassen.

Er zog sich damals ins französisch verwaltete Saargebiet zurück, konnte sich von dort aus als Anzeigenakquisiteur der Frankfurter Zeitung über Wasser halten. Dabei halfen ihm seine guten Kontakte zur Industrie. Betz dazu: „Was ich von der Zeitung noch nicht wusste, in jenen Jahren habe ich es dazugelernt.“ ►Wendelin Hecht, Verlagsdirektor der FZ, ermöglichte Betz vorübergehend auch für das Literaturblatt der Zeitung zu schreiben. Was auf Anweisung der Reichsschrifttumskammer 1936 beendet werden musste, weil Betz mit vollem Namen im Impressum genannt worden war.

Während des Zweiten Weltkriegs war er vorübergehend eingezogen, konnte sich aber bald in eine Stellung bei den Vereinigten Stahlwerken in Düsseldorf zurückziehen.

Schon im Sommer 1945 entwickelte Betz erste Überlegungen für einen Neuaufbau der Presse. So wurde die britische Besatzungsmacht auf ihn aufmerksam und machte ihn zum Verlagsdirektor der NRZ Neue Rheinische Zeitung. Anton Betz in einem Leitartikel der ersten Ausgabe am 18. Juli 1945: „Der Deutsche soll mit seinen Worten dem Deutschen sagen können, wie es in der Welt aussieht und was getan werden muß, damit unser Blick sich nicht in den Trümmern verliert, sondern hinübergezogen wird zu den großen Fragen des Neuaufbaues von Volk und Wirtschaft."

Aus der NRZ ging im Jahr darauf die RP Rheinische Post hervor, zu deren Lizenzträgern Anton Betz gehörte. Sie galt als CDU-nah und wurde von Betz bald zur führenden Tageszeitung in Düsseldorf gemacht: wirtschaftlich gesund und damit unabhängig, politisch klar positioniert – aber kein klassisches Parteiorgan. Was in den Anfangsjahren der Bundesrepublik immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den CDU-Gremien oder Adenauer führte.

Schon 1947 war Anton Betz zum Vorsitzenden des in der Britischen Zone gegründeten dpd Deutscher Presse-Dienst ernannt worden, einer Nachrichtenagentur, welche die Briten als Instrument der Vorzensur ansahen. Ähnlich wie DENA Deutsche Nachrichten-Agentur in der US-Zone oder SÜDENA bei den Franzosen. Daraus wurde nach zähen Verhandlungen eine Zusammenlegung zur genossenschaftlich organisierten dpa Deutsche Presse-Agentur – und ab Herbst 1949 Anton Betz ihr erster Aufsichtsratsvorsitzender.

1952 war Betz auch Mitbegründer der KNA Katholische Nachrichten Agentur, eine Fachagentur für kirchliche Informationen.

Und von 1963 bis 1967 war Betz Präsident des BDZV Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger. In jenen Jahren, als viele Zeitungsverleger angesichts zunehmender Konzentration um die Pressevielfalt und Pressefreiheit bangten und andere wiederum auf einen Zugang zum Privatrundfunk und Privatfernsehen hofften.

Anton Betz war sein Leben lang ein ebenso überzeugter wie engagierter Demokrat. Für ihn waren publizistische Aufgaben immer auch politische, weil eine funktionierende Demokratie unbedingt die Meinungs- und Pressefreiheit benötigt. So gehörte er 1945 zu den Gründern der CDU Rheinland. Von 1946 bis 1964 war er Ratsherr in Düsseldorf für den Schwerpunkt Schulpolitik und zeitweise auch Kreisparteivorsitzender der CDU Düsseldorf.

Rückblickend auf sein Lebenswerk hält ihn sein Biograph Peter Henkel eher für einen Verleger als für einen Publizisten. Seine Begründung: „Er hatte früh aus seinen Erfahrungen eine Vorstellung von Zeitung, die er ständig weiterentwickelte und durchzusetzen versuchte“.

Anton Betz starb am 11. Dezember 1984 im Alter von 91 Jahren in Düsseldorf.

(hhb)

 

 

Quellen:

Peter Henkel: Dr. Anton Betz (1893-1984) Ein Verleger in vier Epochen

Portal Rheinische Geschichte – Anton Betz

Rotary in Deutschland

 

Bücher:

Anton Betz: Zeit und Zeitung – Notizen aus acht Jahrzehnten /

Peter Henkel: Anton Betz – Ein Verleger zwischen Weimar und Bonn / 2011

Karl Bringmann: Das gedruckte Wort – Zweite Festschrift für Anton Betz / 1973

Kurt Koszyk: Deutsche Presse 1914 – 1945 / Colloquium Verlag Berlin, 1972

Kurt Koszyk: Pressepolitik für Deutsche / Colloquium Verlag Berlin, 1986