Der Staatsbesuch des Schahs Reza Pahlavi in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin

Die Demonstration am 2. Juni 1967 in West-Berlin gegen den Schah-Besuch und der Tod von Benno Ohnesorg

Der Staatsbesuch des Glamourpaars auf dem persischen Pfauenthron im Frühsommer 1967 war schon Monate zuvor als das gesellschaftliche Ereignis in der eher grauen Bonner Republik gefeiert worden. Die besonders von der Regenbogenpresse verbreitete Willkommens-Stimmung schlug um, als Schah Reza Pahlavi in den Medien als Gewaltherrscher beschrieben wurde, dem Folterungen und Morde an hunderten von Politikern, an Journalisten, Studenten und einfachen Arbeitern nachgewiesen worden waren. Am Ende blieb ein trauriges Ergebnis des Besuchs: prügelnde iranische Geheimdienstler gegen protestierende Studenten, Übergriffe der Polizei und ein toter Student.

Die Sicherheitsvorkehrungen in den zwischen dem 27. Mai und dem 4.Juni 1967 vom Kaiserpaar besuchten Städten waren exorbitant und hatten nicht nur in den Augen der Studenten „polizeistaatliche Dimensionen“ angenommen. Die betrafen nicht zuletzt iranische Kommilitonen und Exil-Iraner, die offenbar generell als potenzielle Attentäter eingestuft wurden. Eigentlich hatte die Studentenbewegung bis dato vor allem Universitätsreformen und mehr Mitbestimmung gefordert, für Frieden in Vietnam oder das Ende der Apartheitspolitik in Südafrika demonstriert sowie gegen die gerade verabschiedeten Notstandsgesetze. Speziell in Berlin richteten sich die Proteste auch gegen das Pressemonopol des Springer-Verlags, der mit BILD, BZ, Berliner Morgenpost und WELT den West-Berliner Presse-Markt beherrschte.

 

B.Z. vom 19. Mai 1967 Titel

Bild Berlin vom 29. Mai 1967 Rückseite

Berliner Morgenpost vom 2. Juni 1967 Titel

Berliner Morgenpost vom 3. Juni 1967 Titel Version 1

Berliner Morgenpost vom 3. Juni 1967 Titel Version 2

Berliner Morgenpost vom 3. Juni 1967 Seite 6-7

Bild Berlin vom 3. Juni 1967 Titel Version 1

Bild Berlin vom 3. Juni 1967 Titel Version 2

Bild Berlin vom 5. Juni 1967 Titel

B.Z. vom 3. Juni 1967 Titel

B.Z. vom 3. Juni 1967 Seite 3

B.Z. vom 3. Juni 1967 Seite 16

B.Z. vom 5. Juni 1967 Seite 4

Welt am Sonntag vom 4. Juni 1967 Titel

Welt am Sonntag vom 4. Juni 1967 Seite 8

Die Welt vom 5. Juni 1967 Titel

Die Welt vom 5. Juni 1967 Seite 3

Auch in Berlin war die Stimmung gegen den Schah-Besuch angeheizt. Dafür hatte unter anderem der persische Autor Bahman Nirumand gesorgt, der zusammen mit dem SDS am Vorabend, am 1. Juni in der FU Freie Universität Berlin aus seinem bei Rowohlt-aktuell im Februar 1967 erschienenem Taschenbuch Persien, Modell eines Entwicklungslandes oder Die Diktatur der freien Welt“ zitiert und vorgelesen hatte, vor rund 2.000 Anwesenden.

Am 2. Juni 1967 wird also auch in West-Berlin gegen den Staatsbesuch von Schah Mohammad Reza Pahlavi demonstriert. Am Vormittag vor dem Schöneberger Rathaus und dann am Abend vor der Deutschen Oper, wo die Staatsgäste eine Vorstellung von Mozarts Zauberflöte besuchten. Deutsche Polizisten verprügelten gemeinsam mit „Jubelpersern“ und Schlägern der kaiserlichen Leibwache oder aus dem iranischen Geheimdienst SAVAK die zumeist studentischen Demonstranten. Sie trafen dabei aber auch nur schaulustige ältere Damen, griffen Einzelne wahllos heraus, misshandelten sie und kesselten Fliehende ein. Dabei wurde der Student Benno Ohnesorg in einer Nebenstraße vom Polizisten Karl-Heinz Kurras von hinten erschossen. Angeblich in Notwehr – was später zu dessen Freispruch führte, „wegen einer zum Zeitpunkt der Tat eingeschränkten Urteils- und Kritikfähigkeit".

Der Tod von Benno Ohnesorg führte zur Radikalisierung der gesamten bundesdeutschen Protest- und Studentenbewegung. Diese Ereignisse in Berlin müssen als Ausgangspunkt der Eskalation von einer bis dahin gewaltfreien APO Außerparlamentarischen Opposition angesehen werden. In der Folge entstand auch der spätere Terrorismus der „Rote Armee Fraktion“ und die „Bewegung 2. Juni“.

Das militante Vorgehen der Berliner Polizei – selbst die FAZ sprach später von einer Art Notstands-Übung - führte zur Entlassung des Berliner Polizeipräsidenten Duensing, zum Rücktritt des Innensenators Büsch und schließlich auch zum Rücktritt des Regierenden Bürgermeisters Heinrich Albertz. In verschiedenen Presseorganen kam es sofort zur einer weit überzeichneten Darstellung der linken Studentenbewegungen als kommunistisch unterwandert, bereit zur verfassungsfeindlichen und gewaltbereiten Rebellion.

(hhb)

 

Peter Wensierski: Manipulation auf dem OP-Tisch SPIEGEL online am 25.01.2012

Wolfgang Kraushaar: Was geschah am 2. Juni 1967? ZEITonline am 13.09.2012

Pepe Egger: Der Tag, an dem Benno Ohnesorg starb Der Tagesspiegel vom 1.06.2017

Rainer Blasius: Studenten-Tod als Notstands-Übung?  FAZ vom 20.03.2017

Dirk Hempel: Gewalt statt Glamour: Als der Schah Hamburg besuchte NDR 3.06.2017

 

Bücher:

Eckard Michels: Schahbesuch 1967. Fanal für die Studentenbewegung; Ch. Links Verlag, Berlin 2017