Günter Gaus

Günter Gaus wurde am 23. November 1929 in Braunschweig als Sohn eines Kaufmanns geboren. Nach seinem Abitur an der Braunschweiger Gaußschule, dem Gymnasium am Löwenwall, studierte er in München Germanistik und Geschichte. Schon als Student war er journalistisch tätig und schrieb für verschiedene Tages- und Wochenzeitungen. Von 1958 bis 1961 arbeitete er für den Spiegel; die Süddeutsche Zeitung beschäftigte ihn von 1961 bis 1965 als festangestellten politischen Redakteur.

Bekannt wurde er zudem ab 1963 durch seine Sendereihe „Zur Person – Porträts in Frage und Antwort“, in der er für das ZDF Politiker, Wissenschaftler und Künstler in Interviews vorstellte. Sein erster Interviewpartner war der damalige Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard. Diese Interviews gelten bis heute als TV-Klassiker und werden immer einmal wieder ausgestrahlt. Später führte er diese Interview-Reihe auch für die 3. Programme der ARD und zeitweise auch für Sat.1 fort.

Von 1965 bis 1969 war er Programmdirektor und stellvertretender Intendant beim Südwestfunk und ab 1966 dort auch Leiter des Nachrichtenmagazins „Report“. 1969 ging er als Chefredakteur zum Spiegel. Gemeinsam mit Spiegel-Chef Rudolf Augstein unterstützte er die neue Ostpolitik der sozialliberalen Koalition.

 

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Copyright: Bundesregierung / Ulrich Wienke

1973 wechselte er in die Politik und wurde Staatssekretär im Kanzleramt von Willy Brandt. 1974 übernahm er, nach Inkrafttreten des Grundlagenvertrags, die Position des ersten Leiters der neu geschaffenen Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in der DDR. In Ost-Berlin blieb er bis 1981 als Chefunterhändler mit der DDR-Regierung und handelte zahlreiche humanitäre Erleichterungen sowie insgesamt 17 bilaterale Abkommen aus: z.B. das für den Bau der Autobahn zwischen Berlin und Hamburg oder für den Ausbau des Teltow-Kanals. Gaus bezeichnete diese Tätigkeit als „den faszinierendsten Job, den ich je hatte und den ich mir vorstellen kann“. Und mahnte seine Politiker-Kollegen: „Wer das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten verbessern will, der braucht einen langen Atem.“

Seit 1976 SPD-Mitglied, zog er sich 1981 nach Differenzen mit Kanzler Helmut Schmidt als Ständiger Vertreter zurück. Sein Nachfolger wurde der damalige Regierungssprecher Klaus Bölling. Gaus wurde für kurze Zeit Berliner Senator für Wissenschaft und Kunst. Nach den vorgezogenen Neuwahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und der Niederlage der SPD nahm Günter Gaus seine journalistische Tätigkeit wieder auf. Er schrieb mehrere Bücher zur Lage der Bundesrepublik und über die komplizierten deutsch-deutschen Beziehungen.

1984 startete er eine neue Interviewserie für den WDR: „Deutsche“. 1988 erhielt er den Adolf-Grimme-Preis. Ab 1990 produzierte er für das DDR-Fernsehen DFF zusammen mit Alexander Kluge die Talkshow „Zur Person“, die nach der Wiedervereinigung bis 2003 von der ARD ausgestrahlt wurde. Zudem war er Mitherausgeber der linken Wochenzeitung Freitag sowie der monatlich erscheinenden politisch-wissenschaftlichen Blätter für deutsche und internationale Politik.

2001 trat er aus der SPD aus, nachdem Kanzler Gerhard Schröder angesichts von „Nine Eleven“, dem Terroranschlag am 11. September, den USA die uneingeschränkte Solidarität seiner Regierung beim von Bush angekündigten Anti-Terrorkrieg gelobt hatte.

Nach langer Krebskrankheit starb Günter Gaus am 14. Mai 2004 in Hamburg. Seine Memoiren „Widerstände“ - angekündigt als „Erinnerungen eines linken Konservativen“ - blieben unvollendet. Darin konnte er nur noch seine Zeit als Journalist reflektieren.

(hhb)

 

Bücher

Günter Gaus: Widersprüche: Erinnerungen eines linken Konservativen; Propyläen 2004

Günter Gaus: Was bleibt sind Fragen – Die klassischen Interviews; Ullstein Taschenbuch Verlag, 2005