Carl von Ossietzky

Carl von Ossietzky gehörte zu den profiliertesten Journalisten und Publizisten in der Zeit der Weimarer Republik. Durch den blutigen Ersten Weltkrieg war er zum Pazifisten geworden, der kritisch über die Wiederaufrüstung der deutschen Reichswehr berichtete. Was ihm eine Verurteilung wegen Landesverrats und eine Gefängnisstrafe einbrachte. Die Nazis sperrten ihn nach ihrer Machtergreifung ins Konzentrationslager Sonnenberg bei Küstrin ein, wo er gefoltert wurde. Den Friedensnobelpreis des Jahres 1935 durfte er nicht in Oslo entgegennehmen.

Ossietzky wurde am 3. Oktober 1889 in Hamburg geboren. Sein Vater, Stenograf in einer Anwaltskanzlei, starb bereits 1891.

Nach zehnjähriger Schulzeit, allerdings ohne mittlere Reife, wurde er Hilfsschreiber in der Hamburger Justizverwaltung. In dieser Zeit nutzte er seine Abendstunden zum Besuch politischer und kultureller Veranstaltungen und trat der „Demokratischen Vereinigung“ bei. Für deren Wochenzeitung Das freie Volk schrieb er seine ersten Artikel. Wegen eines militär-kritischen Artikels (Vorwurf „öffentliche Beleidigung“) wurde er 1914 zu 200 Mark Geldstrafe verurteilt.

Im Ersten Weltkriegs wurde er 1916 als Armierungssoldat an der Westfront eingezogen. In dieser Zeit wandelte er sich zum überzeugten Pazifisten. Zusammen mit Tucholsky und anderen Gleichgesinnten rief er 1919 den „Friedensbund der Kriegsteilnehmer“ ins Leben.

Von 1920 bis 1924 arbeitete er als Redakteur für die Berliner Volks-Zeitung und engagierte sich in der „Nie wieder Krieg-Bewegung“ des Friedensbundes. Durch Kurt Tucholsky kam er 1926 zur Wochenzeitschrift Die Weltbühne, die von Siegfried Jacobsohn herausgegeben wurde. Und wurde nach dessen Tod Herausgeber und Chefredakteur, in beiden Funktionen unterstützt durch Kurt Tucholsky.

 

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Große Aufmerksamkeit erregte 1931 der sogenannten Weltbühne-Prozess wegen angeblichen Landesverrats und Verrats militärischer Geheimnisse. Die Anklage bezog sich auf einen bereits am 12. März 1929 erschienenen Artikel des Flugzeugkonstrukteurs Walter Kreiser „Windiges aus der Luftfahrt“. Der Artikel beschrieb, wie die Reichswehr unter Missachtung der Versailler Verträge den Aufbau einer Luftwaffe betrieb. Beide, Chefredakteur und Autor, wurden zu je 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Kreiser setzte sich ins Ausland ab, Ossietzky wollte sich der Haft nicht durch Flucht entziehen und schrieb in der Weltbühne kurz vor Strafantritt im Mai 1932: „... ich gehe nicht aus Gründen der Loyalität ins Gefängnis, sondern weil ich als Eingesperrter am unbequemsten bin. Ich beuge mich nicht der in roten Sammet gehüllten Majestät des Reichsgerichts, sondern bleibe als Insasse einer preußischen Strafanstalt eine lebendige Demonstration gegen ein höchstinstanzliches Urteil, das in der Sache politisch tendenziös erscheint und als juristische Arbeit reichlich windschief.“

 

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Auf die Verurteilung reagierte von Ossietzky mit Sarkasmus:

„Anderthalb Jahre Freiheitsstrafe? Es ist nicht so schlimm, denn es ist mit der Freiheit in Deutschland nicht weit her. Mählich verblassen die Unterschiede zwischen Eingesperrten und Nichteingesperrten.“

„Ich weiß, daß jeder Journalist, der sich kritisch mit der Reichswehr beschäftigt, ein Landesverratsverfahren zu gewärtigen hat; das ist ein natürliches Berufsrisiko. Dennoch war diesmal für eine reizvolle Abwechslung gesorgt: wir verließen den Saal nicht als Landesverräter sondern als Spione.

(In: Die Weltbühne. 1. Dezember 1931)

„Das Reichsgericht hat mich vorsorglich in unangenehmster Weise abgestempelt. Landesverrat und Verrat militärischer Geheimnisse – das ist eine höchst diffamierende Etikette, mit der sich nicht leicht leben läßt.“

(Quelle: Rechenschaft. In: Die Weltbühne. 10. Mai 1932)

Aufgrund einer Weihnachtsamnestie wurde Ossietzky am 22. Dezember 1932 aus dem Gefängnis entlassen, aber nach Machtübernahme der Nazis erneut verhaftet und ins KZ Sonnenburg eingeliefert. Bei den Bücherverbrennungen am 10. Mai wurde auch gegen ihn gehetzt: „Gegen Frechheit und Anmaßung, für Achtung und Ehrfurcht vor dem unsterblichen deutschen Volksgeist! Verschlinge, Flamme, auch die Schriften von Tucholsky und Ossietzky!“ 1934 kam Ossietzky ins KZ Esterwegen zum Torfstechen. Dort traf ihn der Schweizer Diplomat und Abgesandte des Internationalen Roten Kreuzes, Jacob, der den Gefolterten als „zitterndes, totenblasses Etwas“ erlebte. 1936 wurde Ossietzky mit schwerer offener TBC ins Polizeigefängnis Berlin verlegt.

Nach mehrjähriger Kampagne, von Freunden wie Willy Brandt organisiert, und mit zunehmendem Druck der internationalen Öffentlichkeit auf das Nobelpreis-Komitee wurde Ossietzky im November 1936 rückwirkend der Friedensnobelpreis für das Jahr 1935 zugesprochen. Göring drängte Ossietzky vergebens, den Preis nicht anzunehmen. Als der sich weigerte, durfte er nicht zur Annahme des Preises nach Oslo reisen.

Carl von Ossietzky starb am 4. Mai 1938 in Berlin an den Folgen der Tuberkulose, die er sich in der KZ-Haft zugezogen hatte.

(hhb)

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