Paul Flora

Paul Flora wurde am 29. Juni 1922 als Sohn eines Arztes in der kleinen Alpenstadt Glurns im Vinschgau/Südtirol geboren. Seine Familie zog 1927 nach Nordtirol, nach Innsbruck, wo Paul Flora inmitten seiner sechs Geschwister aufwuchs und zur Schule ging. Ein Zeichenlehrer entdeckte sein Talent und brachte ihn mit dem Maler und Porträtisten Max von Esterle zusammen, der ihn in Malerei unterrichtete und ihn die Radiertechnik lehrte.

Um dem Kriegsdienst in der Wehrmacht zu entgehen, schrieb er sich in der Münchener Akademie der Bildenden Künste ein. Dort war Flora offiziell auch Student bei Olaf Gulbransson, dennoch haben sich die beiden in München nicht kennengelernt. „Weil weder Schüler noch Lehrer in der Institution anwesend waren“, erzählte Flora gern. Denn die beiden späteren Freunde waren den akademischen Strukturen nicht sonderlich zugeneigt. 1944 wurde Flora doch noch eingezogen und leistete Kriegsdienst in Italien, Ungarn und in der Slowakei.

 

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1945 wurde er nach kurzer amerikanischer Kriegsgefangenschaft nach Innsbruck entlassen. In den frühen Jahren dort zeichnete er zunächst kantiger und in dichter Schraffur-Technik. Langsam veränderte sich sein Stil hin zu den unverwechselbar dünnen, zarten Umriss-Zeichnungen. Beliebte Motive waren das menschliche Verhalten in Tiergestalt. Seine Lieblingsfigur der Rabe, den er selbstverständlich ausgestopft besaß.

1949 bekam er seine ersten Aufträge von der amerikanischen Tageszeitung für Deutschland, für Die Neue Zeitung. Von 1957 bis 1971 lieferte er mehr als 3.000 Zeichnungen an die Zeit – unter anderem zur Illustration der Kolumne „Pro & Contra“ von Rudolf Walter Leonhardt. Seine Zeichnungen und politischen Karikaturen veröffentlichten auch internationale Medien wie The Times, Du, Dagens Nyheter oder The Observer.

„Als Karikaturist sah Flora“, so der Literaturwissenschaftler Sigurd Paul Scheichl, „das Groteske im öffentlichen Leben – und er zeichnet es. Lachend, nicht vor Wut schäumend.“ Marion Gräfin Dönhoff erinnerte sich so: „Als Karikaturist stand er immer augenzwinkernd und ein wenig amüsiert außerhalb – so ein bisschen wie der liebe Gott.“ Friedrich Dürrenmatt bezeichnete ihn als „den Denker und Grübler unter den Karikaturisten“. Wobei festzuhalten bleibt, dass sich Flora nicht nur als Karikaturist verstand, sondern vor allem als Zeichner wahrgenommen werden wollte. Erich Kästner sah in ihm gar einen „Bilderschriftsteller“: Flora schreibt seine Linien so zart und zärtlich aufs Papier, als habe er Angst ihm weh zu tun. Und wo er nur irgend kann, lässt er das unbeschriebene, unverletzte Weiß aufs effektvollste mitwirken Andere Zeichner mögen hassen, anklagen und verachten oder sich und ihre Tusche vor Lachen ausschütten - Paul Floras Linien lächeln.“

Vielleicht darum hat Paul Flora auch zahlreiche Bücher illustriert, besonders für den Diogenes-Verlag in Zürich, Bücher von Peter Hacks, Wolfgang Hildesheimer, Erich Kästner oder Josef Müller-Marein. Seit 1999 war er Mitglied im P.E.N.-Club Liechtenstein und wurde dessen Ehrenpräsident. Bleiben noch seine Bühnenbilder zu erwähnen, etwa fürs Wiener Akademietheater und das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg.

Paul Flora starb am 15. Mai 2009 in Innsbruck; er wurde in seinem Heimatort Glurns bestattet. Dort gibt es seit 2011 ein Paul-Flora Museum im Tauferer Tor. Schon seit 2002 wurde zu seinem 80. Geburtstags ein Paul-Flora-Preis über 10.000 Euro vom Land Tirol gestiftet – zur Förderung junger Tiroler Kunstschaffender.

(hhb)

 

Zeit online: Nachruf auf Paul Flora Ufer des Lebens

Zeit online: Eine letzte Begegnung

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