Werner Klemke

Werner Klemke wurde 1917 als Sohn eines Tischlers in Weißensee bei Berlin geboren. Schon in seiner Kindheit und Jugend war er ein begeisterter Zeichner und hielt sich gern in Museen und öffentlichen Bibliotheken auf. In Berlin-Mitte besuchte er das humanistische „Köllner Gymnasium“, eine Aufbauschule für ärmere Bevölkerungsschichten. In seiner Schulzeit interessierte er sich vor allem für die Kunst und Literatur des klassischen Altertums und scherzte später gern, „dass er eigentlich ein alter Grieche sei“. Nach dem Abitur brach er eine Ausbildung zum Zeichenlehrer bald wieder ab – zu viel Pädagogik und zu wenig Kunst. Da arbeitete er lieber als Trickfilmzeichner für die Firma „Kruse-Film“.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Klemke gleich 1939 zu einer Fliegerabwehrtruppe an die Westfront eingezogen. Dort fälschte er Ausweispapiere, Ahnenquellen und Bezugsmarken für untergetauchte holländische Juden und Urlaubspapiere für seine Kameraden. In der Synagoge des nordholländischen Bussum stellte man erst nach seinem Tod fest, dass er so rund 300 Juden das Leben gerettet haben dürfte.

 

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Copyright: ullstein bild - ddrbildarchiv.de / Uhlenhut

Nach Kriegsende lebte er zunächst in der Kleinstadt Norden in Ostfriesland, wo er in einer Lithographie-Werkstatt mit Steindrucken experimentierte und das erste Kinderbuch nach dem Krieg herstellte: Die Bremer Stadtmusikanten. Wovon er täglich gerade mal 15 Exemplare drucken konnte. 1946 kehrte er nach Berlin zurück und schlug sich dort zunächst als Gebrauchsgrafiker, Schaufenstergestalter und Dekorationsmaler durch. Aber zwischen 1947 und 1950 begann er Illustrationen und Karikaturen für die Neue Berliner Illustrierte, den Ulenspiegel und dessen Nachfolger Frischer Wind sowie für die Kinderzeitschriften ABC-Zeitung und Der Junge Pionier zu zeichnen. 1948 erhielt er einen ersten Großauftrag vom „Berliner Verlag Volk und Welt“ für eine Buchgestaltung: 100 Holzstiche für Georg Weerths Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben. Das war der Durchbruch für den jungen Künstler, danach folgten mehr als 800 weitere Buchgestaltungen, wie die Canterbury Tales, das Decamerone, Grimms Märchen, Felix Krull und natürlich zahlreiche Kinderbücher.

1954 unternahm er eine Studienreise nach China, um dort die Technik des farbigen Holzschnittes zu studieren. Und von 1955 an gestaltete Werner Klemke 35 Jahre lang die Titelseiten der Kultzeitschrift Das Magazin, insgesamt 423 Cover. Wohl einzigartig in der Welt! Immer „high brow“, wie die Engländer sagen würden, immer mit einem humorvollen Augenzwinkern. So machte er einen kleinen schwarzen Kater zu einer Art Markenfigur für das Blatt und versteckte es in jeder Ausgabe. 1956 wurde er als Professor für Typographie und Buchkunst an die „Hochschule für Bildende Künste“ in Berlin-Weißensee berufen. Er lehrte dort bis 1982.

 

Titelseite von Das Magazin Heft 7/1958

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Beruflich ein Arbeitstier, das unermüdlich von morgens bis abends an seinem riesigen Schreibtisch zeichnete: Illustrationen für Zeitschriften und Bücher, Schallplattenhüllen, Briefmarken, Plakate, auch Verpackungen. Privat ein Büchernarr, der mehr als 30.000 Bücher gesammelt hatte. Wir hatten Angst, dass die Böden die schwere Last irgendwann nicht mehr tragen“, sagte sein Sohn Christian der Berliner Zeitung.

Nach einem Schlaganfall musste er 1991 seine Arbeit für Das Magazin beenden. Ein weiterer Schlaganfall folgte und ein Augenleiden fesselten ihn schließlich ganz an die Wohnung. Werner Klemke starb 1994 und wurde in Berlin-Weißensee beigesetzt. Weißensee ehrte ihn 2017 zu seinem hundertsten Geburtstag und benannte die Grünanlage am Goldfischteich - Amalienstraße Ecke Woelckpromenade - nach ihm: sie heißt jetzt Werner-Klemke-Park.

(hhb)

 

Zum 100. Geburtstag von Werner Klemke: Der Mann, der DDR-Kindern beim Buchstabieren half; in Berliner Zeitung vom 12.3.2017