Hans Detlev Becker gehörte von Beginn an zu Augsteins engsten Weggefährten beim SPIEGEL – als Ressortleiter, geschäftsführender Redakteur und zeitweilig als Chefredakteur. Ab 1962 wurde er Verlagsdirektor und später zusätzlich Geschäftsführer der Manager-Magazin-Verlagsgesellschaft.
Becker wurde am 11. Juni 1921 in Freiburg an der Elbe als Sohn eines Oberzollrats geboren. Er besuchte das Staatliche Realgymnasium in Peine und die Goethe-Oberschule in Hannover. Nach dem Abitur studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Münster und diente als Unteroffizier bei der Funkabwehr im OKW Oberkommando der Wehrmacht. Nach Kriegsende setzte er sein Studium kurzzeitig fort, arbeitete dann aber ab 1946 als Redakteur beim Neuen Tageblatt und bei der Rundschau in Osnabrück.
Im Mai 1947 wechselte er zum Spiegel und übernahm dort das Deutschland-Ressort. 1950 deckte Becker die Manipulationen bei der Wahl zwischen Bonn und Frankfurt zur Bundeshauptstadt auf, bei der Abgeordnete für ein Votum pro Bonn bestochen worden waren (Klug sein und Mund halten, Spiegel 39/1950). Das führte zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, an dessen Ende fünf Abgeordnete aufgefordert wurden, ihr Mandat niederzulegen.
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Becker hat den Spiegel von 1959 bis 1961 als Chefredakteur entscheidend mitgeprägt. Zusammen mit dem Herausgeber Rudolf Augstein, als dessen zweiter Mann er verlagsintern angesehen wurde. Das Pseudonym „Moritz Pfeil“ haben sich die beiden geteilt und viele ihrer spitzen Pfeile gemeinsam verfasst.
Bei der ► Spiegel-Affäre gehörte Becker zu den Schlüsselfiguren: Aufgrund seiner guten Kontakte zum Bundesnachrichtendienst hatte er das Manuskript dort vor Druck überprüfen lassen. Einwände hatte es dabei kaum gegeben, und die wenigen wurden vor der Veröffentlichung des Artikels „Bedingt abwehrbereit“ berücksichtigt. Becker begleitete Augstein am 27. Oktober 1962 zur Polizei, wo der sich daher mit gutem Gewissen stellte.
Anschließend hielt Becker eine improvisierte Pressekonferenz ab, um den Vorwurf der Bestechung zum Erwerb geheimer Informationen entschieden zurückzuweisen: „Weder der Vorwurf des Landesverrats noch die Behauptung, Beamte bestochen zu haben, trifft zu. Wir pflegen unsere Informationen nicht von Beamten einzuholen. Sofern wir aber von legitimierten Presseoffizieren oder Beamten, die Informationsrecht besitzen, Informationen erhalten, zahlen wir dafür keine Honorare.“ Zwei Tage später erklärte er den Spiegel-Mitarbeitern auf einer Betriebsversammlung: „Keiner von Ihnen ist bei Al Capone engagiert, sondern bei Herrn Augstein sind Sie tätig. Die Nummer 45 ist in Arbeit. Wir wollen sie in vollem Umfang, mit unkonventionellem Umbruch, pünktlich, in erhöhter Auflage, mit dem Titelbild Rudolf Augstein herausbringen.“
Am 2. November wurde dann auch Hans Detlev Becker verhaftet, nachdem man eine Liste mit 13 Fragen in seinem Schreibtisch gefunden hatte, die vor Publikation des Artikels dem BND zwecks Prüfung vorgelegt worden waren. Bis dato hatte Becker den Spiegel besonnen durch das Unwetter gesteuert, nun musste auch er in Untersuchungshaft, ins Opladener Gefängnis: „Wegen Gefährdung der Sicherheit des deutschen Volkes“. Was damals den Verdacht aufkommen ließ, man wolle dem Spiegel nun auch die ersatzweise eingesprungene Führungsspitze nehmen. Becker blieb 35 Tage bis zum 6. Dezember inhaftiert.
Nach der überstandenen Affäre wechselte Becker endgültig ins Verlagsmanagement und blieb dort bis zu seiner Pensionierung als Verlagsdirektor des Spiegel.
Das Verfahren gegen Hans Detlev Becker wurde am 27. Januar 1965 endgültig eingestellt, weil die Ermittlungen keinen hinreichenden Verdacht auf eine Straftat ergeben hatten.
1974, bei der Neuordnung der Besitzverhältnisse des Spiegel-Verlags, erhielt Becker einen vierprozentigen Anteil an der Rudolf Augstein GmbH; der wurde bis 1992 auf fünf Prozent aufgestockt.
1983 zog sich HDB, wie er verlagsintern genannt wurde, nun 62-jährig, nach 36 Jahren gemeinsamer Arbeit mit Rudolf Augstein auf eine Beraterfunktion zurück.
Als leidenschaftlicher Golf-Spieler schrieb er später nur noch für‘s GOLF MAGAZIN.
Hans Detlev Becker starb am 2. November 2014 im Alter von 93 Jahren in Reinbek.
(hhb)
Quellen:
Bundeshauptstadt – Klug sein und mundhalten / SPIEGEL Politik 26.9.1950
Heinz Egleder: Der Mann in Augsteins Schatten / SPIEGEL kultur 15.11.2014
Britta Sandberg: Man kann sich ein Butterbrot ins Handschuhfach legen – aus einem Interview mit Hans Detlev Becker / SPIEGEL Geschichte 19.1.2017
Bücher:
Alfred Grosser, Jürgen Seifert: Die Spiegel-Affäre Band 1 / Walter Verlag 1966