Fritz René Allemann

Der Journalist Fritz René Allemann gehörte zu den bedeutendsten Analytikern der politischen Entwicklung im Nachkriegsdeutschland. Schon durch sein Buch „Bonn ist nicht Weimar“ wurde der Schweizer Publizist zu einem viel gefragten Interpreten der deutschen Nachkriegspolitik, des dortigen Aufbaus einer neuen und erfolgreichen Demokratie.

Fritz René Allemann wurde am 12. März 1910 als Sohn eines Fabrikdirektors in Basel geboren. Dort besuchte er ein naturwissenschaftliches Gymnasium und studierte anschließend an der Universität in Basel Geschichte, Nationalökonomie und Soziologie. Von 1930 bis 1932 setzte er sein Studium an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin fort, beim Soziologen Albert Salomon und dem Politikwissenschaftler Sigmund Neumann.

Seine journalistische Tätigkeit hatte er bereits beim Studienanfang in Basel begonnen, nebenher als Lokalreporter und Feuilletonmitarbeiter bei der linksliberalen National-Zeitung. Als man ihm daraufhin in den 30er Jahren eine Reise nach Südamerika anbot, brach er sein Studium in Berlin ohne Abschluss ab und hielt sich von 1934 bis 1936 in Argentinien, Brasilien, Chile und Paraguay auf. Von wo aus er als freiberuflicher Auslandskorrespondent berichtete.

Nach seiner Rückkehr aus Südamerika wurde er fester Mitarbeiter und stellvertretender Feuilleton-Chef bei der National-Zeitung, schrieb aber weiterhin auch Auslandsberichte.

Ab 1941 arbeitete er als freier Mitarbeiter für die Auslandsredaktion der inzwischen täglich erscheinenden Abendzeitung Die Tat in Zürich, die von Gottlieb Duttweiler gegründet worden war. Schon im Jahr darauf schickte Die Tat ihn als Auslandskorrespondent nach London, dann ab 1946 nach Paris und machte ihn von 1947 bis 1949 in Zürich zum Leiter ihrer Auslandsredaktion.

Von 1949 bis 1960 wurde der hochbelesene Allemann Deutschland-Redakteur, zunächst mit Sitz in Frankfurt/Main, später dann in Bonn. 1960 bis 1967 arbeitete Allemann als Korrespondent von Berlin aus, danach als freier Mitarbeiter.

Von da an verfasste er Berichte aus und über Deutschland sowie Kommentare und Kolumnen für eine Vielzahl von Zeitungen in ganz Europa – darunter Die Welt, Kieler Nachrichten, Hannoversche Allgemeine, Kölner Stadtanzeiger, Mannheimer Morgen, Badische Zeitung, Main-Echo, Rhein-Zeitung, Nürnberger Zeitung oder Bremer Nachrichten, aber auch für die Salzburger Nachrichten oder Het Parool in Amsterdam. Und natürlich für weitere Blätter in der Schweiz, darunter die Wochenzeitung Die Weltwoche. Er war häufiger Gast im Fernsehen, in seiner Rolle als neutraler Deutschlandbeobachter, zum Beispiel in Werner Höfers „Internationalem Frühschoppen“. Und diskutierte auch gern mit Kollegen „Über die Zukunft der Demokratie in Deutschland“, wie etwa 1965 bei einem „Nürnberger Gespräch“ mit Waldemar Besson, ► Johannes Gross und ► Thilo Koch.

Ab 1964 war er Mitherausgeber der internationalen Zeitschrift für Politik und geistiges Leben Der Monat – und 1966 dann Vorsitzender der ausländischen Presse in Berlin e.V. 1971 übernahm er zeitweilig eine Gastprofessur für jüngste deutsche Geschichte in Iowa City/USA. Und begann erneut immer wieder durch Mittel- und Südamerika zu reisen, wodurch mehrere Bücher entstanden – über Fidel Castro oder die dortigen Guerilla-Bewegungen.

1972 hatte Fritz René Allemann den Kulturpreis des Kanton Solothurn erhalten und 1985 den Preis der Oerli-Stiftung für seine Wiederentdeckung der schweizerischen Vielfalt. Im gleichen Jahr erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik.

Seine Prognose von 1956, dass „Bonn nicht Weimar sei“ und nicht wieder in einem würgenden Griff der Restauration von rechts ersticken werde – woran ► Klaus Harpprecht in seinem Nachruf im Jahr 2010 nochmals erinnerte – diese Prognose einer insgesamt stabilen Demokratie hat sich bis heute bestätigt. Bisher ist allen rechtsradikalen Parteien nach ersten Erfolgen die Luft ausgegangen. Man kann nur hoffen, dass es dabei auch bleibt.

Am 20. Oktober 1970 hielt Allemann im Hamburger Übersee-Club einen Vortrag mit seiner Sicht über den kurz zuvor zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik abgeschlossenen Moskauer Vertrag – natürlich mit einem Rückblick auf die bisherige Bonner Politik und auf die Stellung der Bundesrepublik zwischen Ost und West:

https://www.ueberseeclub.de/resources/Server/pdf-Dateien/1970-1979/vortrag-1970-10-20Fritz%20René%20Allemann.pdf

Fritz René Allemann hatte sich da schon 1969 mit seiner Frau nach Unterfranken zurückgezogen und Kleinrinderfeld bei Würzburg auch als seinen späteren Altersruhesitz ab 1994 gewählt. Dort starb er nach längerer Krankheit am 29. Oktober 1996 im Alter von 86 Jahren.

(hhb)

 

Quellen

Therese Steffen Gerber: Fritz René Allemann / Historisches Leikon der Schweiz

Fritz René Allemann zum 85. / ZEITonline am 24.3.1995

Politik kurz und bündig: Fritz René Allemann – Bonn ist nicht Weimar / Tagesspiegel vom 2.9.2001

Klaus Harpprecht: Der Gebildete / Süddeutsche Zeitung vom 10.5.2010

 

Bücher + Schriften

Fritz René Allemann: Bonn ist nicht Weimar / Kiepenheuer & Witsch 1956

Fritz René Allemann: Fidel Castro – Die Revolution der Bärte / Rütten & Loening 1961

Fritz René Allemann: Zwischen Stabilität und Krise. Etappen der deutschen Politik 1955 – 1963 / Piper 1963

Fritz René Allemann: 25mal die Schweiz / Piper 1965

Fritz René Allemann: Macht und Ohnmacht der Guerilla / Piper 1974